Aloisiuskolleg
Gymnasium der Jesuiten für Mädchen und Jungen

„Es ist unglaublich, was der menschliche Körper aushalten kann“

Die Auschwitz-Überlebende  Anita Lasker-Wallfisch berichtet aus ihrem Leben

Die Auschwitz-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch berichtet aus ihrem Leben.

„Es war besser auf die Noten zu schauen  als auf den Rauch“, erklärte Anita Lasker-Wallfisch mit klarer, unsentimentaler Stimme. Die 91-Jährige hat als Jugendliche im Mädchenorchester von Auschwitz Cello gespielt und so das Konzentrationslager überlebt.

Am 10. November 2016 ist sie durch die Initiative der Englisch- und Geschichtslehrerin Annalena Scholz nach Bonn gekommen, um im Aloisiuskolleg von ihren Erinnerungen zu berichten: „Ich finde es sehr wichtig, wenn Zeitzeugen aus ihrem Leben erzählen “, sagte Annalena Scholz, „denn nur so bekommen die Schülerinnen und Schüler einen wahrhaftigeren Zugang zu dem, was im 3. Reich geschehen ist.“

Mit einem Thema aus „Schindlers Liste“ stimmten Caspar Hesprich (Violine) und Katharina Moser (Klavier) auf den Vortrag ein. Die Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 9 bis Q2 lauschten gebannt den eindringlichen Schilderungen der weißhaarigen Dame — man konnte eine Stecknadel fallen hören.

Als ganz normales Kind einer assimilierten, intellektuellen deutsch-jüdischen Familie ist Anita Lasker-Wallfisch 1925 in Breslau geboren. Die Eltern wollten zunächst die antisemitische Politik der Nazis nicht wahrhaben. Als sie die Gefahr für sich und ihre Kinder erkannten, war es zu spät. Während die älteste Schwester nach England emigrieren konnte, mussten die Eltern sich bald von den zwei  jüngeren Mädchen, Renate und Anita, trennen: “Mutti  hat viel geweint, sie hatte so eine Angst. Ich habe sie nie wiedergesehen, ich war 16 Jahre alt.“

Die Schwestern mussten alleine zurechtkommen und wurden aufgrund fadenscheiniger Anschuldigungen ins Gefängnis gesteckt. Es folgte der Transport nach Auschwitz, wo Anita der Selektion und dem Tod entkam und unter Alma Rosé, der Nichte von Gustav Mahler, im Orchester Cello spielen durfte: „Nie hätten wir gedacht, dass wir Auschwitz nicht durch den Schornstein verlassen würden.“  Die junge Frau überlebte die Todesmaschinerie und wurde nach Bergen-Belsen gebracht, wo sie im April 1945 von den Briten befreit wurde. „Es ist unglaublich, was der menschliche Körper alles aushalten kann.“

Nach dem Vortrag wurde die Zeitzeugin von den Schülerinnen und Schülern, von denen viele ihr Buch im Vorfeld im Unterricht gelesen und besprochen habtten, mit Fragen bestürmt. Eindringlich und teilweise mit Humor ging  die 91-Jährige auf die jungen Leute ein. Die Welt sehe momentan nicht so rosig aus und es gebe viel zu tun: „Lassen sie sich nicht alles gefallen“, appellierte sie, „stellen sie Autoritäten in Frage, reißen sie den Mund auf und zeigen sie Courage.“